Nach der Wiederentdeckung Ovids im 12. und 13. Jahrhundert (aetas Ovidiana) setzte im 14. Jahrhundert eine neue intensive Auseinandersetzung mit seinen Metamorphosen ein. In diesen Zusammenhang gehört auch der sogenannte Ovidius moralizatus des Petrus Berchorius, dessen Erstfassung um 1340 in Avignon entstand. Diese systematische Auslegung der von Ovid erzählten Geschichten hat sichtlich eine Legitimierung und Aufwertung der antiken Poesie im Sinn. Bereits um 1350 entstand zu diesem Text in Bologna, vermutlich für Bruzio Visconti, eine auf über 200 Bilder angelegte Illustrationsfolge, die den narrativen Gehalt und die emotionale Spannung der Erzählungen herausarbeitet sowie ein besonderes Interesse für die vielfältigen Verwandlungen von Menschen in Tiere und Pflanzen entwickelt, das sowohl psychologisch als auch naturkundlich motiviert ist. Dieser bislang weitgehend unbekannte Zyklus soll systematisch in den Text-Bild-Beziehungen erschlossen und in den kulturellen Kontext des Frühhumanismus eingeordnet werden. Es handelt sich dabei um ein Schlüsselwerk für die Rezeption des antiken Mythos im 14. Jahrhundert.
Meier-Staubach, Christel | Institut für Frühmittelalterforschung [geschlossen] |
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