[Arbeitstitel] Analyse der Illustrationen im Mahzor Oxford, Laud 321

Grunddaten zum Promotionsverfahren

Promotionsverfahren erfolgt(e) an: Promotionsverfahren an der Universität Münster
Zeitraumseit 01.03.2023
Statuslaufend
Promovend*inRost, Hanna-Barbara
PromotionsfachJudaistik / Jüdische Studien
AbschlussgradDr. phil.
Form der Dissertationsschriftmonographisch
Verleihender FachbereichFachbereich 09 - Philologie
Betreuer*innenKogman-Appel, Katrin

Beschreibung

Zentraler Fokus des Promotionsprojektes ist der sog. Laud Mahzor (Bodleian Libraries, MS Laud Or 321), bei dem es sich um ein relativ frühes wie auch prominentes Beispiel eines illustrierten großformatigen mittelalterlichen Mahzors handelt (Entstehung um 1260). Mahozirm sind spezifisch für die hohen jüdischen Feiertage gestaltete Textsammlungen, welche neben den Leseabschnitten (sog. Parashiyyot) auch und vor allem die ergänzende liturgische Dichtung (sog. Piyyutim) enthalten. Vor allem ab dem 13. Jahrhunderts entstanden in Ashkenas zahlreiche besonders prachtvolle und meist großformatige Varianten dieser Textsammlung. Viele dieser ashkenasischen Mahzorim sind außerdem umfangreich und aufwendig illustriert – so auch der Laud Mahzor. Durch ihre besondere liturgische Bedeutung auf der einen Seite, und die sich im Laufe des Mittelalters entwickelnde aufwändige Gestaltungsweise auf der anderen Seite, wird deutlich, dass sie als zentrale rituelle Objekte für die jeweilige Gemeinde verstanden werden können. Zwar liegen keine Berichte über die Entstehungsprozesse von Mahzorim vor, allerdings kann anhand der noch existierenden Exemplare eindeutig gesagt werden, dass ein bewusster Planungs- und Entstehungsprozess angenommen werden muss. Mahzorim können daher, als Objekte der Selbstdefinition verstanden werden. Aus ihren Bildprogrammen und der Gesamtkonzeption lassen sich durchaus Rückschlüsse auf den kulturellen, ideologischen und religiös-rituellen Geisteszustand einer Gemeinde ziehen. Dies ist auch das Vorhaben meines Promotionsprojektes. Einige der frühesten illustrierten Mahzorim stammen aus dem fränkischen Raum, so auch der Laud Mahzor, weshalb Franken als Ausgangspunkt für eine Entwicklung diskutiert werden kann, die sich dann auf das ganze west-aschkenasische Judentum ausbreitete. Ziel ist es, den Laud Mahzor sozio-kulturell in der Gesamtlandschaft der aschkenasischen Mahzorim genauer zu verorten. Diese Verortung innerhalb der fränkisch-jüdischen Kulturlandschaft des 13. Jahrhunderts soll mittels detaillierter Analyse des liturgischen Bestandes in Relation zum illustrativen Programm geschehen. Sowohl die Auswahl der Piyyutim innerhalb der Yotser-Komplexe als auch die zahlreichen Illustrationen sollen Aufschluss darüber geben, welchem Gedankengut der oder die Auftraggeber des Werks und dessen Schreiber/Illustrator nahestanden. Mit Blick auf den sozio-kulturellen, religiösen und rituellen Hintergrund sollen alle relevanten Illustrationen innerhalb des liturgischen Kontextes ausgiebig analysiert werden. Bei der Analyse gilt es, die internen Bezüge zum liturgischen Kontext der Yotserot ebenso aufzuzeigen, wie mögliche externe Referenzen zu religiös-kulturellen Strömungen des aschkenasischen Judentums des 13. Jahrhunderts. Hierzu sollen auch zeitgenössische Schriften aus dem Umfeld des aschkenasischen Pietismus herangezogen werden. Um den Korpus des Laud Mahzor einordnen und beurteilen zu können, muss man ihn in einen größeren Kontext stellen. Daher werden weitere Exemplare ashkenasischer Mahzorim aus dem fränkischen Raum des 13. und 14. Jahrhunderts vergleichend betrachtet werden. Hierzu zählen unter anderem der Michael Mahzor, der Worms Mahzor und der Hammelburg Mahzor. Darüber hinaus werden auch andere zeitgenössische Handschriften vergleichend betrachtet werden. Dieser Vergleichskorpus dient neben zeitgenössischen Texten als Referenzrahmen, um zu erschließen, inwiefern die Illustrationen des Laud Mahzors Einblick in den sozio-kulturellen Hintergrund des Laud Mahzors geben. Dabei muss klar sein, dass jede Darstellung primär im jeweils eigenen Kontext betrachtet werden muss. Im Anschluss sollen diese Motive in Rahmen des liturgischen Kontextes, in welchem sie sich befinden, auf ihre Bedeutungsebene hin untersucht werden. Illustrieren die Darstellungen den Feiertag im Allgemeinen, die zugehörigen Leseabschnitte oder die jeweiligen Piyyutim? Schafft der Illustrator dabei eine motivische oder gar rituell-religiöse Mehrschichtigkeit und wie gelingt dies? Welche (externen) Quellen werden eingebunden? Gibt es Mehrdeutigkeiten über den gesamten Codex? Lassen sich aus der Kombination von Piyyut und Illustration regionale Spezifika, etwa innerhalb eines fränkischen Minhags ablesen? Spiegeln Liturgie und Illustrationen eine Nähe zum aschkenasischen Pietismus wider? Weitere Aspekte können im fortschreitenden Forschungsprozess hinzukommen. Dabei gilt es zu beachten, dass der Laud Mahzor per se als in sich geschlossenes Werk betrachtet werden muss. Text und Illustrationen stehen nicht nebeneinander, sondern bilden eine Einheit und sind mit Bedacht gewählt. Der Mahzor bildete einen integralen Bestandteil im rituellen Handeln der jüdischen Gemeinde, die ihn nutzte. Und so können der Mahzor und seine Illustrationen nicht nur die Lebensrealität widerspiegeln, sondern auch Interpretationen religiöser Ideen und ritueller Gegebenheiten abbilden. Diese Zusammenhänge aufzuzeigen, soll schlussendlich Ziel meines Promotionsprojektes sein.

Promovend*in an der Universität Münster

Rost, Hanna-Barbara
Professur für Jüdische Studien (Prof. Kogman-Appel)

Betreuung an der Universität Münster

Kogman-Appel, Katrin
Professur für Jüdische Studien (Prof. Kogman-Appel)